Restaurierung eines Renaissance-Kästchens

 

 
 

Das Kästchen vor Beginn der Restaurierung.

 

Objekt:

Kästchen mit Geheimfächern, evtl. Zunftlade der Bäcker?

Datierung:

Ende 16. Jahrhundert

Provenienz:

Süddeutschland

Materialien:

Nussbaum, Eichenholz, Nadelholz, ebonisiertes Edelholz, Eisennägel und Eisenschloss, Leimpapier

Maße (max.):

H: 22 cm   B: 26,2 cm   L: 38, 2 cm

Vorzustand:

Der Oberflächenüberzug ist partiell durch Lichteinwirkung und Wärme gealtert (photochemische Prozesse, vor allem an der Rückseite, den beiden Seitenwandungen und dem Deckel), hat sich vom Trägerholz abgehoben und ist vergilbt. Er wirkt deshalb gelblich-trüb. Außerdem gibt es in diesen Bereichen zusätzlich viele Trübungen durch Wasserspritzer. Es handelt sich hier offenbar um einen harzhaltigen Überzug, der auf Kontakt mit Wasser empfindlich reagiert. Ein Lösungsmitteltest hat diesen Verdacht erhärtet: der Überzug lässt sich mit polaren Lösungsmitteln anlösen.
Am Deckel sind zudem mehrere Furnierleisten gelockert und eine vollständig gelöst. Letztere weist zusätzlich eine starke konvexe Wölbung auf, die auf trockenheitsbedingte Schwunderscheinungen des Holzes zurückzuführen ist. Auch an den Seitenwandungen sind einige gelockerte Furniere zu finden.
An den Schnitzereien fallen mehrere Fehlstellen auf.
Der Eichenholzboden des Kästchens ist an einem Ende vom Träger gelöst. Es finden sich in allen vier Ecken Bohrungen, die auf das ehemalige Vorhandensein von Füßen schließen lassen. Wie diese ausgesehen haben könnten, ist anhand des Befundes nicht zu rekonstruieren.
Im Inneren sind in dem eingeschobenen Nadelholzkasten und auf der Unterseite des Deckels einige Ecken des eingeleimten bunten Leimpapiers gelöst oder fehlen bereits. Im Boden des Nadelholzkastens hat sich ein Schwundriss gebildet, der etwa durch ¾ des Brettes verläuft, außerdem ist der Boden gelockert. Zieht man den Kasten aus dem Kästchen heraus, öffnet sich darunter ein Geheimfach. Hier fehlt ein Abstandhalter, der den Nadelholzkasten eigentlich in der Ecke abstützen soll.
Auf der rechten Seite ist noch ein weiteres Geheimfach versteckt: zieht man die untere Wellenleiste heraus, öffnet sich dahinter ein schmaler Schubkasten. Hier fallen deutlich frühere Klebeversuche mit einem transparenten Klebstoff ins Auge (Uhu?). 
Die Metallteile weisen oberflächliche Verschmutzungen und leichte Korrosion auf. Die Schrauben, die das Schloss am Deckel halten, sind teilweise vor geraumer Zeit erneuert worden. Einige fehlen vollständig, andere sind nur locker in das Holz gesteckt.  

Maßnahmen:

  • Abnahme des beschädigten Oberflächenüberzugs an der Rückseite, den beiden Seitenwandungen und dem Deckel mit Lösungsmitteln
  • Einlassen der Partien mit Schellack goldorange
  • Verleimen der gelockerten Furnierleisten
  • Ergänzung einer fehlenden Schnitzerei auf der Frontseite
  • Verleimen des Eichenholzbodens
  • Sicherung des gelösten Leimpapiers mit speziellem Klebstoff auf Basis von Methylcellulose in Ethanol
  • Schließen des Schwundrisses im Boden des Nadelholzkastens mit Balsaholz (nur punktuell verleimt) und Einleimen des fehlenden Abstandhalters im Geheimfach
  • Abstauben der Metallteile
  • Ergänzen von zwei eisernen Rundkopfschrauben des Schlosses am Deckel

Endzustand:

Die Substanz des Kästchens konnte erfolgreich gesichert werden. Durch die partielle Abnahme des beschädigten Überzuges hat das Objekt deutlich an Ausstrahlung gewonnen, da die Holzstruktur und ursprüngliche Farbigkeit nun wieder sichtbar geworden sind. 

Konservatorische Empfehlungen:

Bei der weiteren Aufstellung des Kästchens sollte auf eine ausreichende relative Luftfeuchtigkeit von ca. 50 – 55 % r.F. und eine moderate Temperatur um 20 - 22°C geachtet werden. Besonders wichtig ist bei beiden Faktoren, dass keine starken Schwankungen in kurzen Zeiträumen auftreten. Das Objekt sollte daher nicht an Standorten aufgestellt werden, die z.B. Mittagssonnenlicht oder größerer Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Ansonsten kann es zukünftig zu weiteren Klimaschäden am Holz und Alterungserscheinungen des Überzugs kommen. Bei Schellack ist außerdem darauf hinzuweisen, dass er als Naturprodukt auf Feuchtigkeit und Hitze empfindlich reagiert; es sollten daher keine Gläser/Vasen/etc. ohne Tropfschutz darauf abgestellt werden.

 

 

Im Deckel des Kästchens verbirgt sich der Schließmechanismus der Lade.
Der Lack ist milchig-trüb und lässt das Holz darunter hell und vergilbt erscheinen.

 

 

Der innere Kasten lässt sich heraus nehmen und öffnet damit ein Geheimfach.
Der doppelte (Münz-)Boden wird durch die seitliche Profilleiste verdeckt.

 

 

Der Deckel hat durch die Behandlung deutlich an Farbigkeit gewonnen.

 

 

Auch auf der Frontseite ist die Maserung des Nussbaumholzes wieder ablesbar geworden.